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Die Abgeordneten und die politischen Parteien
- Grundsatzpapier -
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Anmerkungen:
         1. Die Zahlen in Klammern bedeuten die Anzahl der Aussagen meist in Form von Thesen.
         2. Die manchmal dahinter stehende zweite Zahl (
dünngedruckt) bedeutet die Anzahl zusätzlicher Aussagen, die die erste Aussage (These) stützen sollen.

 

1. Die 1. Kern-These: (Abgeordnete und die Aufgaben des Parlaments)
       „Die Abgeordneten sind (unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu einer Partei) Mitglieder des Parlaments und müssen die
         Aufgaben des Parlaments wahrnehmen!“

       Begründung der 1. Kern-These:
                 (entfällt!)

2. Die 2. Kern-These: (Aufgaben des Parlaments)
       „Das Parlament des Deutschen Bundestags hat folgende Kern-Aufgaben:
                 1. Die Parlamente müssen das Volk wirklich repräsentieren.
                 2. Die Parlamente müssen eine Integrationsfunktion haben.
                 2.1 Alle politischen Strömungen müssen vertreten sein.
                 2.2 Wichtige Anliegen dürfen nicht ausgeschlossen werden.
                 2.3 Auch ein Ausgleich gegenläufiger Ziele muss gewährleistet sein
                 3. Das Parlament muss handlungs- und funktionsfähig sein.
                        (In Anlehnung an das Urteil des Bundesverfassungsgericht. Az.: BvF 1/95)

3. Die 3. Kern-These: (Abgeordnete sind frei und autonom)
      
Die Abgeordneten müssen in jeder Hinsicht frei und autonom sein.“

       Begründung der 3. Kern-These:
                     1. Um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können, müssen die Abgeordneten frei, souverän und vollständig unabhängig sein.
                     2. In der Verfassung steht:
                                 „Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“
                                 (Quelle: „Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland“;
                                                  III. Abschnitt Der Bundestag; Artikel 38 [Wahl], Absatz 1, Satz 2)


4. Die 4. Kern-These: (Freiheit hat immer zwei Komponenten)
       „Die Freiheit des Abgeordneten hat zwei Komponenten:
                 (1)
Es darf auf sie kein Druck ausgeübt werden! (Auch nicht von ihrer eigenen Partei!)
                 (2) Sie können abstimmen wie sie wollen!“

 
      Erläuterung zur 4. Kern-These:
                     1. Jede Freiheit hat immer zwei Komponenten.
                     1.1 Die eine Komponente ist auf die eigene Person gerichtet also auf die eigene Souveränität.
                                 Motto: „Ich kann dies oder jenes ohne Einschränkung tun!“

                     1.2 Die andere Komponente ist auf alle anderen Personen gerichtet.
                                 Motto: „Die anderen müssen diese meine Freiheit respektieren!“

       Notwendige Konsequenzen für die eigene Souveränität:
                     1. Ich kann abstimmen, wie ich es selbst für richtig halte.
                     2. Ich beuge mich keiner Beeinflussung - von wem auch immer.
                     3. Wer nur seinem Gewissen verantwortlich ist, darf sich keinem Druck von außen beugen.

 
       Notwendige Konsequenzen für das Verhalten der anderen:
                     1. Jede Einflussnahme auf das Abstimmungsverhalten berührt diese Freiheit des Abgeordneten.
                     2. Jede Einflussnahme wird doch mit dem offensichtlichen Versuch unternommen, diese Freiheit einzuschränken.
                     3. Es darf keinen Versuch geben, die Freiheit des Abgeordneten einzuschränken.



5. Die 5. Kern-These: (keine Einflussnahme)
 
      „Die Abgeordneten dürfen für ihr Verhalten bei Wahlen und Abstimmungen nicht belangt werden.“

 
      Begründung der 5. Kern-These:
 
                    1. Wer befürchten muss, dass er irgendwann (vorher, während oder hinterher) wegen seiner Abstimmung kritisiert, belangt oder sonst wie
                         zur Rechenschaft gezogen wird, kann nicht frei entscheiden.
                     2. In der Verfassung steht wörtlich:
                                 „Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder seiner Äußerung, die er im Bundestag
                                  oder in einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages
                                  zur Verantwortung gezogen werden.“
 
                                 (Quelle: „Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland“;
                                                 III. Abschnitt Der Bundestag; Artikel 46 [Indemnität und Immunität], Absatz 1, Satz 1)

 

       4. Die Rechte der Abgeordneten
                     Die Abgeordneten haben es selbst in der Hand, über alles zu bestimmen, was sie selbst betrifft:.
                                 o Sie bestimmen über ihre eigenen Arbeitsbedingungen.
                                 o Sie bestimmen über ihre persönlichen Mitarbeiter .
                                 o Sie bestimmen über ihr Gehalt.
                                 o Sie bestimmen, welcher Teil davon steuerfrei ist.
                                 o Sie bestimmen über ihre Pensionsansprüche.
                     Sie sind eigentlich die wahren selbstbestimmten nahezu königgleiche Individualisten:

       5. Die Realität der Abgeordneten zwischen Partei, Fraktion und der Exekutive
                
Trotzdem scheint es ihnen unmöglich, ihre grundgesetzlich gesicherte Gewissensfreiheit durchzusetzen.
                     Trotz der Vorgabe in der Verfassung, dass der Abgeordnete frei und nur seinem Gewissen verantwortlich ist, gibt es erstaunlicher Weise
                     massive Einflussnahmen auf Abgeordnete.
                                 o Es gibt einen so genannten Fraktionszwang, der verfassungswidrig ist.
                                 o Es gibt die Freigabe der Gewissenscheidung (beim Gesetz über das Klonen).
                                 o Es gibt eine so genannte Regierungsmehrheit.
                                 o Es gibt Abweichler.
                                 o Es gibt Versprechungen auf Posten und Ämter.
                                 o Es gibt die weit verbreitete Praxis der hohen Spenden von Abgeordneten an ihre Parteien aus ihren Kostenpauschalen und ihren Diäten.

                     All dies hat mit dem Grundgesetz nichts zu tun und ist durch das Grundgesetz nicht gedeckt.
                     Die Abgeordneten und machen sich zu Erfüllungsgehilfen der Exekutive und der Parteien.

        
6. Leeres Parlament und Nebentätigkeit
                     Das höchste Parlament – der Deutschen Bundestag – ist oft sehr sehr dürftig besetzt, auch wenn es um wichtige Fragen von Staat und Gesellschaft
                     geht. Zunächst versuchte man, diese Leere mit der vielen Ausschusssitzungen zu erklären, was eigentlich die Unfähigkeit der zeitlichen Koordination
                     von Sitzungsterminen verdeutlichen würde.
                     Später ist Stück für Stück herausgekommen, dass etwa die Hälfte der Abgeordneten des Deutschen Bundestages einen Nebenjob in der
                     Industrie hat.

       7. Pensionen der Politiker
                     Ein Bundesminister erhält nach nur wenigen Dienstjahren so viel Pension, wie ein „normaler“ Erwerbstätiger der 400 Jahre lang arbeitet.

 

5. Zusammenfassende Bewertung als Meinungsäußerung

       1. Diese Verhalten von Parteiführern (und auch von Fraktionsführern), die gewählten Abgeordneten zu einem bestimmten
                 Abstimmungsverhalten zu bewegen, ist durch das Grundgesetz nicht gedeckt!

       2. Es ist leider nicht einmal so, dass sie die Verfassung nicht nur nicht beachten, sondern dass sie die Verfassung missachten..

       3. Sie tun etwas – und dieses sehr häufig – was der Verfassung zuwider läuft.

4. Damit erheben sich die Parteien und die Partei-Funktionäre
                          o zuerst einmal über die Abgeordneten,
                          o über den Wählerwillen und
                          o über die Verfassung!

       5. Dieses Verhalten beschädigt damit das Ansehen unserer höchsten Rechtsordnung – die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland!