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Der 2. Versuch einer sehr kurzen Analyse
(Die Ergebnisse von Analysen kurz zusammengefasst)
(20)

Die Suche nach der idealen Demokratie
und die Suche nach dem erfolgreichen Vorgehen

aus der Serie:
Die Rettung der Demokratie in Deutschland

Teil B (allgemein): Bestandsaufnahmen und Analysen
(27. Juli 2011, 9. und 27. März 2012 und 30. Mai 2012)

Vorbemerkungen

Es erfolgt zuerst eine Beschreibung der Vorgänge, die zur so genannten Regierungsbildung führt.
Dann erfolgt eine kurze eigene Bewertung der Vorgänge als freie Meinungsäußerung.

Hinweis:
       Der erste Versuch einer kurzen Zusammenfassung der Bestandsaufnahmen und Analysen ist unter
       „Analyse (kurz zusammengefasst)“ dargestellt. Die Datei stammt vom 27. März 2012 und hat 39 KB.

 

Ausführungen

Die Vorgänge in chronologischer Abfolge

1. Man bittet die Bürger in regelmäßigen Abständen zur Wahl, damit sie aus ihrer Mitte ihre Vertreter wählen, die die Anliegen des Volkes und
    seine Interessen vertreten.
2. Die vom Volke in freien Wahlen gewählten Abgeordneten sollen die Sorgen, Befürchtungen und Ängste genauso wie ihre Erwartungen,
    Hoffnungen und Wünsche aufnehmen, beraten und zu einem gerechten Ausgleich bringen.
3. Die Regeln nach denen gewählt wird (Bundeswahlgesetz und die anderen über 30 Wahlgesetze), haben Mitglieder von Parteien beschlossen und
    auch oft wieder geändert.
4. Die Kandidaten, die vom Bürger gewählt werden sollen, werden von Mitgliedern von Parteien bestimmt.
5. Die Wahlchance der den Parteien genehmen Kandidaten wird durch eine so genannte Absicherung über die Landesliste der Parteien erreicht.
6. Damit kann auch ein Kandidat Abgeordneter werden, der in seinem Wahlkreis glatt durchgefallen ist – ja der sogar im Extremfall keine
    einzige Stimme erhalten hat.
7. Gleich nach der Wahl, werden die vom Volke gewählten Abgeordneten erst einmal auf Eis gelegt.
8. Das bewerkstelligen der fast unbekannte Vorältestenrat und der bekanntere Ältestenrat.
9. Beides sind so genannte Nichtverfassungsorgane.

10. Nachdem sich die Spitzen der Parteien das vorläufige amtliche Wahlergebnis und die Sitzverteilung angesehen und festgestellt haben, welche
      Koalitionen eine Mehrheit im Parlament haben und damit möglich sind, werden so genannte Sondierungsgespräche geführt.
11. Diese Sondierungsgespräche werden zwischen den Parteivorsitzenden und hohen Parteifunktionären geführt, die zusammen jeweils eine
      Mehrheit im Parlament haben.
12. Es wird ausgelotet, zwischen welchen Parteien die größten Gemeinsamkeiten (die größte gemeinsame Schnittmenge) besteht.
13. Dann werden Koalitionsverhandlungen zwischen den Parteien geführt.
14. Diese Koalitionsverhandlungen werden von Arbeitsgruppen für bestimmte Sachthemen und einer Arbeitsgruppe, die die Arbeit der anderen
      Arbeitsgruppen inhaltlich und zeitlich koordiniert, geführt.
15. Die Mitglieder der Arbeitsgruppen und die Mitglieder der Koordinierungsgruppe werden von den Parteien bestimmt.
16. In dieser Koalitionsvereinbarung sind zwischen den beteiligten Parteien Ziele, Festlegungen und Eckwerte festgeschrieben, die für die gesamte
      Legislaturperiode gelten.
17. Wenn die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen sind, wird das Ergebnis dieser Verhandlungen (also die Koalitionsvereinbarung) den
      höchsten Gremien der beteiligten Parteien zur Abstimmung vorgelegt.
18. Danach wird die von den höchsten Parteigremien gebilligte Koalitionsvereinbarung den gewählten Abgeordneten der betroffenen Parteien
      mit der Bitte um Zustimmung vorgelegt.
19. Diese Koalitionsvereinbarung betrifft in besonderem Maße die Abgeordneten, die die Regierung tragen.
20. Diese Koalitionsvereinbarung gibt den Abgeordneten, die die Regierung tragen, vor, was sie zu tun und zu lassen haben:
      o Sie müssen dafür sorgen, dass die Koalitionsvereinbarung in Regierungshandeln umgesetzt werden kann.
      o Sie dürfen weder eigene Anfragen noch eigene Anträge stellen. 
      o Sie dürfen keine Gesetzesvorschläge einbringen. 
      o Sie dürfen nur gemeinsam abstimmen.
21. Mit ihrer Zustimmung zur Koalitionsvereinbarung wird nicht nur die Koalitionsvereinbarung gebilligt, sondern die Abgeordneten
      o erklären sich bereit, diese Koalitionsvereinbarung in Regierungshandeln umzusetzen.
      o geben damit grünes Licht, damit die Parteivorsitzenden und die inzwischen gewählten Fraktionsvorsitzenden die Koalitionsvereinbarung
         unterschreiben können, und sie wohl dadurch zu einem Koalitionsvertrag wird.
22. Die Abgeordneten, die die Regierung tragen, werden außerdem an die Beschlüsse eines weiteren Nichtverfassungsorgans, dem
      Koalitionsausschuss gebunden.
23. Der Koalitionsausschuss ist Bestandteil der Koalitionsvereinbarung.
24. Dieser Koalitionsausschuss entscheidet über alle unvorhergesehenen und über alle strittigen Fragen.
25. Da man theoretisch jede Frage und jeden Sachverhalt zu einer strittigen Frage machen kann, besteht nicht nur die Möglichkeit der
      Kompetenzerweiterung, sondern dass der Koalitionsausschuss über alles entscheiden kann.
26. Die Abgeordneten, die die Regierung tragen, haben weder die Anzahl der Mitglieder des Koalitionsausschusses, noch die Zusammensetzung
      des Koalitionsausschusses, noch die Mitglieder gewählt, noch auf die Auswahl der Mitglieder einen Einfluss gehabt.
27. Fast alle Gesetzesvorlagen kommen inzwischen nicht aus dem Parlament, dem Organ der Legislative, sondern aus der Regierung, dem
      höchsten Verfassungsorgan der Exekutive.
28. Das Parlament hat selbst mit Zweidrittelmehrheit beschlossen, dass es in Sachen Bundeshaushalt noch weniger zu sagen hat, als vor der
      Änderung unseres Grundgesetzes.
29. Das Parlament entscheidet in eigener Machtvollkommenheit nur noch über Steuererhöhungen und über Ausgabenminderungen; beides für
      den Bürger unerfreuliche Dinge.
30. Beschlüsse des Parlaments über die für die Bürger erfreulichen Dinge wie Steuersenkungen und Ausgabenerhöhungen bedürfen der
      Zustimmung der Bundesregierung.

 

 

Die kurze eigene Bewertung der Vorgänge als freie Meinungsäußerung

1. Nichtverfassungsorgane bestimmen weiterstgehend über das höchste Verfassungsorgan, über das Parlament.
    Es sind der Vorältestentat, der Ältestenrat, die Arbeitsgruppen, die die Koalitionsvereinbarung ausarbeiten, einschließlich die Koordinie-
    rungsgruppe und der Koalitionsausschuss.
2. Die Vorsitzenden von Parteien und hohe Parteifunktionäre bestimmen über die vom höchsten Souverän dem Volke in freien Wahlen
    gewählten Abgeordneten.
3. An der Ausarbeitung der Koalitionsvereinbarung haben Personen mitgewirkt, die dafür weder ein Mandat noch einen Auftrag von den
    Abgeordneten hatten.
    Es waren weder die Abgeordneten selbst, noch haben die Abgeordneten die Personen bestimmt, noch hatten sie einen Einfluss auf die
    Auswahl der Personen gehabt.
4. Mit ihrer Zustimmung zur Koalitionsvereinbarung erklären sich die Abgeordneten, die die Regierung tragen bereit, diese Koalitions-
    vereinbarung in Regierungshandeln umzusetzen.
5. Damit geben die Abgeordneten, die die Regierung tragen, ihr grundgesetzlich verbrieftes Recht auf, Vertreter des ganzen Volkes zu sein, an
    keinerlei Aufträge und Weisungen gebunden zu sein und nur ihrem Gewissen unterworfen zu sein.
6. Den gleich in der Koalitionsvereinbarung installierten Koalitionsausschuss haben die Abgeordneten, die die Regierung tragen, weder gewollt
    und noch beschlossen, noch die Personen, die dazugehören, bestimmt.
7. Da inzwischen fast alle Gesetzesvorlagen aus der Regierung, dem höchsten Verfassungsorgan der Exekutive kommen, erübrigt sich
    weitestgehend eine Kontrollfunktion des Parlaments über das Regierungshandeln.
8. Das Parlament hat selbst seine Kompetenzen auf Antrag der (damaligen) Regierung in Sachen Bundesetat weiter eingeschränkt.
9. Die freien und an keinerlei Aufträge und Weisungen gebundenen Volksvertreter entmündigt sich selbst und werden zu Marionetten ihrer
    Parteien.
10. Das Parlament kann so seine Aufgaben nur noch unzureichend wahrnehmen und gibt dem Volke keine Stimme mehr.


 

Der zweite Versuch

Unser politisches System
(sehr grob und in nur 20 Sätzen kurz zusammengefasst)

1. Die Wahlgesetze, nach denen die Volksvertreter gewählt werden, werden von Mitgliedern von Parteien – den Abgeordneten – beschlossen.
2. Die Kandidaten, unter denen die Wähler wählen dürfen, werden von Mitgliedern von Parteien – den Delegierten der Parteien – ausgesucht.
3. Der Wähler kennt nicht alle Auswirkungen seiner beiden Kreutzchen.
4. Gleich nach der Wahl dulden die frisch gewählten Abgeordneten, dass sie erst einmal von einem Nichtverfassungsorgan – dem Vorältestenrat –
    auf Eis gelegt werden.
5. Diese Zeit – es sind etwa 4 Wochen – nutzen hohe Funktionäre der Parteien, um auszuloten, mit welcher anderen Partei eine Koalition möglich
    wäre; dafür finden Sondierungsgespräche statt.
6. Wenn diese Gespräche erfolgreich verlaufen sind, führen hohe Funktionäre von Parteien miteinander, mit denen eine Koalition wahr-
    scheinlich zustande kommt, Koalitionsverhandlungen.
7. Es werden Arbeitsgruppen gebildet und eine Gruppe, die die Arbeit der anderen Gruppen koordiniert.
8. Die Ergebnisse der Arbeit der Arbeitsgruppen werden zu einer Koalitionsvereinbarung zusammengefasst.
9. Zuerst stimmen die höchsten Gremien der beteiligten Parteien darüber ab; dann wird das Papier den Abgeordneten der beteiligten Parteien
    zur Abstimmung vorgelegt.
10. Die nach unseren Grundgesetz freien und an keinerlei Aufträge und Weisungen gebundenen Abgeordneten, die nur ihrem Gewissen unter-
      worfen sind, stimmen dieser Koalitionsvereinbarung zu, die damit zu einem Koalitionsvertrag wird.
11. Diese Koalitionsvereinbarung enthält für die Abgeordneten verbindliche Festlegungen, die für die gesamte Legislaturperiode gelten-
12. Für alle unvorhergesehenen und für alle strittigen Fragen wurde gleich in der Koalitionsvereinbarung ein Koalitionsausschuss installiert.
13. Da man jede Frage zu einer strittigen Frage machen kann, hat der Koalitionsausschuss – zumindest theoretisch – das Recht, über alles zu
      entscheiden.
14. Die Abgeordneten, die die Regierung tragen, sind an die Beschlüsse des Koalitionsausschusses – ein Nichtverfassungsorgan – gebunden.
15. Mit ihrer Zustimmung zu der Koalitionsvereinbarung haben die Abgeordneten, die die Regierung tragen, auch dieser Regelung zugestimmt.
16. Die Abgeordneten, die die Regierung tragen, sind verpflichtet, die Inhalte des Koalitionsvertrages und die Beschlüsse des Koalitionsausschus-
      ses zu Regierungshandeln umzusetzen.
17. Die Abgeordneten, die die Regierung tragen, werden verpflichtet, ihre Arbeit im Parlament und Regierung laufend und umfassend mit
      einander abzustimmen und zu Verfahrens-, Sach- und Personalfragen Konsens herzustellen.
18. Die Abgeordneten, die die Regierung tragen, werden verpflichtet, im Deutschen Bundestag und in allen Gremien einheitlich abzustimmen; das
      gilt sogar für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind.
19. Anträge, Gesetzesinitiativen und Anfragen werden gemeinsam oder – im Ausnahmefall – im gegenseitigen Einvernehmen eingebracht.
20. Damit sind alle Verfahrensfragen, alle Sachfragen und alle Personalfragen für die nächsten vier Jahre festgelegt oder entschieden.

Kann man eine Vereinbarung, die die freien und unabhängigen Abgeordneten zu Marionetten macht, eleganter formulieren?
Hat das noch etwa mit Demokratie zu tun?