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Sind wir eine Demokratie?

(Angeregt durch eine kurze Darstellung (Rezension) über das Buch von Ralf Dahrendorf:
„Die Krisen der Demokratie“,
Verlag C.H. Beck, München 2002, 116 Seiten; 12,90 Euro)

Die ausführliche Auseinandersetzung erfolgte in der Datei
“Demokratie als Staats- und Regierungsform“ sie hat allerdings 20 Seiten.

Gliederung
(grob)

1. Funktionen der Demokratie

2. Untersuchung der Erfüllung dieser Funktionen
2.1 Die Erfüllung der Voraussetzungen für die erste Funktion:
2.2 Die Erfüllung der Voraussetzungen für die zweite Funktion:
2.3 Die Erfüllung der Voraussetzungen für die dritte Funktion:
2.4 Die Erfüllung der Voraussetzungen für die vierte Funktion:

3. Abschließende Bewertung
3.1 Die allgemeine Bewertung (3)
3.2 Die Ursachen in allgemeiner Bewertung (5)
3.3 Der allgemeine Ausblick (2)

 

Ausführungen
hier nur die Funktionen einer Demokratie (Punkt 1)
die zusammenfassende Bewertung (Punkt 4)
und als abschließende Bewertung (Punkt 5)

1. Funktionen der Demokratie
     Welche Funktionen müssen in einem Staat wahrgenommen werden, damit
     man ihn (noch) als Demokratie bezeichnen kann?
     1. Die Demokratie muss dem Volke eine Stimme geben. (3.)
     2. Die Parlamente müssen die Regeln für Staat und Gesellschaft bestimmen.
     3. Das Parlament muss die Regierenden effektiv kontrollieren. (2.)
            (Das Parlament muss in der Lage sein, die Regierenden effektiv zu kontrollieren.)
     4. Die Demokratie muss einen gewaltfreien und unblutigen Machtwechsel ermöglichen. (1.)
            [Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf die Reihenfolge in der Rezension.]

      Wichtige Hinweise:
            Nur wenn Sie alle vier Funktionen der Demokratie akzeptieren, lohnt es sich, einfach weiter zu lesen.
            Wenn Sie Einwände haben, würde ich ihnen empfehlen, diese an dieser Stelle zu notieren, bevor Sie weiterlesen!
            Das halte sich für ausgesprochen fair!
            Es kann verhindern, dass Sie sich dann vom Ergebnis her nicht überrumpelt fühlen.

 

2. Untersuchung der Erfüllung dieser Funktionen

Welche Anforderungen muss ein Staat erfüllen, damit man ihn (noch) als
Demokratie bezeichnen kann?

2.1 Die Erfüllung der Voraussetzungen für die erste Funktion:

       „Die Demokratie muss dem Volke eine Stimme geben.“

 
        1. Alle gesellschaftlichen und politischen Strömungen, die im Volke vorhanden sind, müssen sich artikulieren können.
              Diese Voraussetzung ist erfüllt.
              (Meinungsfreiheit: Artikel 5; GG)

         2. Alle wesentlichen gesellschaftlichen und politischen Strömungen müssen sich irgendwie bündeln und gewichten lassen.
              Diese Voraussetzung ist meines Erachtens erfüllt.
              Man kann versuchen, auf eine bestehende Partei Einfluss zu nehmen. Man kann eine neue Partei gründen.

         3. Alle wesentlichen gesellschaftlichen und politischen Strömungen müssen auch im Parlament vertreten sein und sich dort
              entsprechend ihrer Stärke und Verbreitung widerspiegeln.
              Diese Voraussetzung ist überhaupt nicht erfüllt.
              Sie ist noch nie – seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland – erfüllt worden.
              Es gibt und gab immer eine erhebliche Übergewichtung und damit gleichzeitig eine entsprechende Untergewichtung in der
              Zusammensetzung des Parlaments!
              [Siehe Anlage 1: Die Zusammensetzung des Deutschen Bundestags]

         4. Die Zusammensetzung des Parlaments (Deutscher Bundestag) hat bisher in keiner der 15 Wahlperioden auch nur annähernd der
              Zusammensetzung des Volkes (genauer: des Wahlvolkes oder der Wahlberechtigten) entsprochen.
              [Siehe wiederum Anlage 1: Die Zusammensetzung des Deutschen Bundestags]

         5. Die wahrscheinliche Folge dieser auf Dauer falschen – weil nicht repräsentativen Zusammensetzung – des Parlaments:
              Die Gesetzeslage wird immer einseitiger zugunsten der Überrepräsentierten und zu Lasten der Unterrepräsentierten.

         6. Wenn sich das Parlament aber von Legislaturperiode zu Legislaturperiode immer mit den selben einseitigen Schwerpunkten
              zusammensetzt, was der Fall war und noch heute ist, kann auch zwischen den Legislaturperioden kein Ausgleich
              berechtigter Interessen erfolgen.

         7. Alle politischen Meinungen müssen vertreten werden können, bis auf die, die auch nur einen dieser drei Funktionen der Demokratie
              abschaffen oder beseitigen will.
              Diese Voraussetzung ist meines Erachtens erfüllt.

      
Ergebnisse (bezogen auf die Fragestellung dieser Ausarbeitung):
       1. Es finden zwar regelmäßig Wahlen statt, aber dem Volke wird dadurch nur völlig unzureichend – weil einseitig und
           unausgewogen – eine Stimme gegeben.
       2. Die Zusammensetzung des Parlaments (Deutscher Bundestag) hat bisher in keiner der 15 Wahlperioden auch nur
           annähernd der Zusammensetzung des Volkes (des Wahlvolkes) entsprochen.
       3. Wenn sich das Parlament aber von Legislaturperiode zu Legislaturperiode immer mit den selben einseitigen
           Schwerpunkten zusammensetzt, kann auch zwischen den Legislaturperioden kein Ausgleich berechtigter
           Interessen erfolgen.
       4. Die Fehler der falschen Zusammensetzung addieren sich im Laufe der Zeit und werden nie ausgeglichen.
       5. Die wahrscheinliche Folge dieser auf Dauer falschen – weil nicht repräsentativen Zusammensetzung – des Parlaments:
           Die Gesetzeslage wird immer einseitiger zugunsten der Überrepräsentierten und zu Lasten der Unterrepräsentierten.

       Diese 1. Funktion wird nur zu (geschätzten) 50 % erfüllt mit der Tendenz einer weiteren Verschlechterung.


2.2 Die Erfüllung der Voraussetzungen für die zweite Funktion:

       „Die Parlamente müssen die Regeln für Staat und Gesellschaft bestimmen.“

         1. Die Parlamente müssen über alles, was Staat und Gesellschaft betrifft, entscheiden können.
              Diese Voraussetzung ist überhaupt nicht erfüllt.

              1. Der Staat hat immer mehr Kompetenzen an supranationale Institutionen abgegeben.
(EU, UNO, Nato)
              2.
In einem innerstaatlichen Bereich hat er sein Gesetzgebungsmonopol abgegeben oder aufgeteilt. (Alle Tarifvereinbarungen
              und das Tarifrecht.)
              [Siehe Anlage 2: Die Tarifvertragsrecht
              Ergebnis:
                  Das höchste Parlament – der Deutsche Bundestag – entscheidet nicht über alles, was Staat und Gesellschaft betreffen.

         2. Die Parlamente müssen frei und unabhängig entscheiden können.
              Diese Voraussetzung ist überhaupt nicht erfüllt.

              1. Es gibt einen verfassungswidrigen Fraktionszwang.
              2. Man hat eine ganzes Arsenal entwickelt, das dem Spruch von Zuckerbrot und Peitsche entspricht, um Abgeordnete zu einem
                  bestimmten Abstimmungsverhalten zu bewegen.
              3. Das Repertoire der Parteien fängt bereits beim Aufstellen der Kandidaten in den Wahlkreisen an.
                  Dann erfolgt die Absicherung dieser Kandidaten über die Landesliste und die Aufstellung der Landesliste.
                  Dann erfolgen die Koalitionsverhandlungen mit den abschießenden Koalitionsvereinbarungen.
                  Dann beginnt die normale Drangsalierung der „frei gewählten Abgeordneten, die keinerlei Weisungen unterliegen“!
                  [Siehe Anlage 3: Die unfreien Abgeordneten]
              Ergebnis:
                  Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages entscheiden keinesfalls frei und unabhängig !

         3. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages müssen selbst die entscheidenden Initiativen entwickeln und nicht die Regierung.
              Diese Voraussetzung ist generell nicht erfüllt.
              1. Die Regierung hat praktisch in jedem Ministerien eine Grundsabteilung, die Grundsatzentscheidungen vorbereitet.
              2. Die Regierung beruft Kommissionen die fertige Gesetzentwürfe vorbereitet.
                  Beispiele:
                  (1) Es wurde vom Bundeskanzler eine „Nationale Ethik-Kommission“ einberufen, obwohl es eine diesbezügliche Kommission
                        bereits im Parlament gab.
                  (2) Die Riester-Rente wurde von einer Kommission erarbeitet.
                  (3) Die Rürup-Rente wurde von einer Kommission erarbeitet.
                  (4) Die Gesetze für Hartz I bis Hartz IV wurden von Kommissionen erarbeitet.
              3. Es gab sogar Fälle, in denen eine Fraktion die Regierung gebeten hatte, einen Gesetzentwurf vorzulegen.
         Ergebnis.
                  Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages entwickeln weniger Initiativen als die Regierung.

        
4. Die Parlamente müssen ohne Zeitdruck entscheiden können.
              Diese Voraussetzung ist meines Erachtens nicht immer erfüllt.

              1. Es soll vorgekommen sein, dass Abgeordnete des Deutschen Bundestages erst einige Minuten vor der Abstimmung die
              Änderung von Gesetzesvorlagen erhalten haben.
              2. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages entscheiden manchmal sogar über Gesetze, die sie gar nicht lesen konnten,
              weil komplizierte Gesetzesvorlagen der Regierung (oder die Änderungen von Gesetzesvorlagen) sehr kurzfristig ins Parlament
              oder in einen Ausschuss eingebracht wurden, so dass die Abgeordneten keine Zeit hatten sie zu lesen geschweige denn, sie mit
              ihren persönlichen Mitarbeitern oder mit dem wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages durchzuarbeiten.
                  (Quelle: „Schluss mit Pillepalle“, [über Michael Fuchs als neuer Abgeordneter und Unternehmer und ehemaliger Präsident des Deutschen
                  Groß- und Einzelhandels] Handelsblatt vom 6.12.2002)

         5. Die Parlamente müssen die Chance haben, sich externen Sachverstand für ihre Entscheidungen heranzuziehen.
              Diese Voraussetzung ist meines Erachtens nur teilweise erfüllt.

         6. Die Abgeordneten müssen wissen, was für Staat und Gesellschaft das Richtige und das Wichtigste ist.
              Diese Voraussetzung ist meines Erachtens nur teilweise erfüllt.

         7. Die Abgeordneten müssen ihre Entscheidungen ausschließlich nach bestem Wissen und Gewissen treffen.
              Diese Voraussetzung ist überhaupt nicht erfüllt.

         8. Die Abgeordneten müssen über Fraktionsgrenzen hinweg entscheiden können.
              Diese Voraussetzung ist überhaupt nicht erfüllt.

         9. Die Abgeordneten müssen finanziell, moralisch unabhängig sein.
              Diese Voraussetzung ist überhaupt nicht erfüllt.

         10. Die Abgeordneten dürfen niemanden zur Loyalität verpflichte sein.
              Diese Voraussetzung ist überhaupt nicht erfüllt.

        
Ergebnisse (bezogen auf die Fragestellung dieser Ausarbeitung):
       1. Das höchste Parlament der Deutsche Bundestag entscheidet nicht über alles, was Staat und Gesellschaft betrifft.
       2. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages entscheiden keinesfalls frei und
unabhängig !
       3. Das Parlament entwickelt kaum noch eigene Initiativen.
       3.1 Es mutiert zum Kopfnicker für Regierungsvorlagen.
       3.2 Es beschließt das, was die Regierung (Exekutive) wünscht.
       3.3 Die Regierung (und die Fraktionen) sind an die Koalitionsvereinbarung gebunden.
       3.4 Diese haben die Vorsitzenden der Parteien und der Fraktionen, die sich zu einer Koalition verbunden haben,
           ausgehandelt.
       4. Den freien und nur ihrem Gewissen verantwortlichen Abgeordneten gibt es nur im Grundgesetz aber nicht im Parlament.

       Die 2. Funktion wird nur zu (geschätzten) 10 % erfüllt mit der erkennbaren Tendenz einer weiteren
           Verschlechterung.


2.3 Die Erfüllung der Voraussetzungen für die dritte Funktion:

       „Das Parlament muss die Regierenden effektiv kontrollieren.“

         1. Es muss ein Konsens darüber vorhanden sein, was eigentlich kontrolliert werden soll.
              Diese Voraussetzung ist meines Erachtens im Großen und Ganzen erfüllt.

         2. Es muss überprüft werden, dass die Regierung als Exekutive das tut, was das Parlament als Legislative beschließt.
              Diese Voraussetzung ist meines Erachtens erfüllt.
              Das Legalitätsprinzip wird flächendeckend und in allen Fällen beachtet angewendet.
              Als offene Frage bleibt, ob die Ausführungsbestimmungen, ohne die ein Gesetz nicht angewandet werden kann, immer den Geist
              und den Buchstaben des Gesetzes entsprechen.
              Meines Erachtens wird dies nicht geprüft - weder vom Parlament noch vom Verfassungsgericht.

         3. Es muss überprüft werden, ob die Regierung alles Menschenmögliche unternimmt, um das auszuführen, was das Parlament
              beschlossen hat.
              Diese Voraussetzung ist meines Erachtens erfüllt.

         4. Es müssen Personen oder Gremien vorhanden sein, die die Kontrolle der Regierung wahrnehmen.
              Diese Voraussetzung ist meines Erachtens nur teilweise erfüllt.
              1. Es gibt eine PKK für die Geheimdienste (wurde inzwischen umbenannt)
                  (PKK = Parlamentarische Kontrollkommission).
                  Die Besetzung diese Gremiums wird von den Fraktionen ausgehandelt.
                  Jahrelang gab es Streit darüber, ob Mitglieder einer demokratisch zugelassenen (bzw. einer nicht verbotenen) Partei Mitglieder in
                  die PKK entsenden durfte.
              2. Die Teilung der Gewalten zwischen Legislative und Exekutive ist nicht durchgängig eingehalten.
                  (1) Es sind mehr als dreißig Abgeordnete gleichzeitig in hohen Funktionen der Regierung tätig.
                        Die meisten Parlamentarischen Staatssekretäre und sogar viele Bundesminister sind gleichzeitig Abgeordnete und beziehen
                        für beide Funktionen auch ihre Gehälter.
                  (2) Sogar der Bundeskanzler selbst ist Abgeordneter.

                  (3) Wenn ein relativ starker „Regierungsblock“ beide Funktionen wahrnimmt und sich praktisch selbst kontrolliert, wird gegen
                        die wichtigste demokratische Voraussetzung der Gewaltenteilung verstoßen.
                  (4) In einer Demokratie entscheidet die Mehrheit. Dabei kann jede Stimme wichtig und entscheidend sein.
                        Wenn es bei sehr knappen Entscheidungen auf jede einzelne Stimme ankommt, kann ein „Regierungsblock“ von etwa
                        34 Stimmen oft schon ausschlaggebend sein.
                  (5) Die Teilung der Gewalten zwischen Legislative und Judikative wird streng eingehalten.
                  (Quelle: „Die Unvereinbarkeit der Ämter“ in: Der Steuerzahler „transparent“, Heft 5 vom Mai 2001, Seite 2)

         Ergebnis:
                   Die Tatsache, dass Abgeordnete des Deutschen Bundestages (als Vertreter der Legislative) gleichzeitig Regierungsfunktionen
                  wahrnehmen (Vertreter der Exekutive) ist ein klarer Verstoß gegen das Gebot der Gewaltenteilung.
                  (Der Bundesminister kontrolliert also im Zweifelsfall seine eigene Gesetzesvorlage.)

         5. Diese Personen oder Gremien, die die Regierung effizient kontrollieren, müssen von der Regierung vollständig unabhängig sein.
              Diese Voraussetzung ist überhaupt nicht erfüllt.
              Sie ist noch nie – seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland – erfüllt worden.
              Die Abgeordneten sind Abhängige sowohl ihrer Parteien als auch deren hochrangiger Funktionäre.
              Es können nur Parteimitglieder Abgeordnete werden.
              Die höherrangigen Abgeordneten entscheiden darüber, ob ein Kandidat auf der Landesliste abgesichert wird oder nicht.
              Sie entscheiden darüber, wie gut er abgesichert wird.
              Somit kann jemand im Extremfall auch Abgeordneter werden, wenn er keine einzige Wähler-Stimme im Wahlkreis erhalten hat.
              Ein Kandidat einer freien Wählergemeinschaft ist noch nie Abgeordneter des Deutschen Bundestages geworden.

              Der Abgeordnete ist von drei Vorgaben abhängig:
                  o von dem Grundsatzprogramm der Partei,
                  o vom Wahlprogramm der Partei und
                  o von der sehr umfangreichen und detaillierten Koalitionsvereinbarung. (an der er im Regelfall nicht mitgewirkt hat.)

 
        6. Diese Personen oder Gremien müssen die erforderlichen Informationen ohne Schwierigkeiten erhalten.
              Diese Voraussetzung ist meines Erachtens nur teilweise erfüllt.

         7. Diese Personen oder Gremien müssen die notwendigen sächliche und apparative Ausstattung haben, um diese Funktionen auch
              auszuführen.
              Diese Voraussetzung ist meines Erachtens erfüllt.

         8. Die Kontrolle muss kontinuierlich erfolgen.
              Diese Voraussetzung ist meines Erachtens erfüllt.

         9. Die Kontrolle muss umfassend sein.
              Diese Voraussetzung ist meines Erachtens erfüllt.

         10. Die Kontrolle muss zeitnah erfolgen.
              Diese Voraussetzung ist meines Erachtens erfüllt.

         11. Die Kontrolle muss sich an Sollvorgaben orientieren.
              Diese Voraussetzung ist meines Erachtens erfüllt.

         12. Diese Sollvorgaben müssen der Funktion der Regierung entsprechen.
              Diese Voraussetzung ist meines Erachtens erfüllt.


         Ergebnisse (bezogen auf die Fragestellung dieser Ausarbeitung):
       1. Die Parlamente sind nicht in der Lage, die Regierenden effektiv zu kontrollieren.
       2. Die dafür einsetzbaren Untersuchungsausschüsse sind zahnlose Tiger.
              Die Untersuchungsausschüsse sind entsprechend der Stärke der einzelnen Fraktionen zusammengesetzt.
              Vor einem Untersuchungsausschuss kann jeder seine Aussage verweigern, wenn gleichzeitig eine offizielle juristische
              Untersuchung gegen ihn läuft.
              Die Untersuchungsausschüsse können keine bindenden Beschlüsse fassen.
              Oft gibt es ein Minderheitenvotum im Untersuchungsausschuss gerade von der Mitgliedern, die diesen Untersuchungsausschuss
              beantragt haben.

       3. Die Teilung der Gewalten zwischen Legislative und Exekutive ist nicht durchgängig eingehalten.
              Wenn ein relativ starker „Regierungsblock“ beide Funktionen wahrnimmt und sich praktisch selbst kontrolliert, wird gegen die
              wichtigste demokratische Voraussetzung die Gewaltenteilung verstoßen.

       4. Die Parlamente werden eher von der Regierung kontrolliert als umgekehrt,
              Das gilt zumindest soweit es die Abgeordneten der Regierungsfraktionen betrifft.
              Dafür gibt einen Fraktionsvorsitzenden mit seinen Stellvertretern, den Parlamentarischen Geschäftsführer und die
              Parlamentarischen Staatssekretäre. Diese überwachen die Abgeordneten.

           Die 3. Funktion wird nur zu (geschätzten) 10 % erfüllt mit der Tendenz einer weiteren Verschlechterung.



2.4 Die Erfüllung der Voraussetzungen für die vierte Funktion:

       „Die Demokratie soll einen gewaltfreien Machtwechsel ermöglichen.“

              1. Es muss ein allgemeiner und verbindlicher Konsens darüber hergestellt werden, dass ein Machtwechsel in zivilisierter Form
                  möglich und auch erwünscht ist.
                  Diese Voraussetzung ist meines Erachtens erfüllt.

              2. Dieser Konsens muss substanziell und formal die Modalitäten festlegen, die zu einem Machtwechsel führen.
                  Diese Voraussetzung ist meines Erachtens erfüllt.

              3. Dieser Konsens muss darin bestehen, dass alle beteiligten diesen Konsens als dauerhaft gültig und unkündbar ansehen.
                  Diese Voraussetzung ist meines Erachtens erfüllt.

              4. Dieser Konsens muss auch darin bestehen, dass dieser Machtwechsel in bestimmten vereinbarten Zeitabständen ermöglicht wird.
                  Diese Voraussetzung ist meines Erachtens erfüllt.

              5. Diese Zeitabstände sollten so lang sein, dass die jeweils Regierenden eine faire Chance haben, ihre Zielvorstellungen von Staat
                  und Gesellschaft auch in der Praxis deutlich zu machen und zumindest teilweise umzusetzen.
                  Diese Voraussetzung ist meines Erachtens erfüllt.

              6. Diese Zeitabstände sollten immer gleich sein.
                  Diese Voraussetzung ist meines Erachtens erfüllt.

              7. Bei schwerwiegenden Verstößen der Regierung gegen ihre Aufgaben muss ein Machtwechsel auch früher erfolgen können.
                  Diese Voraussetzung ist erfüllt.
                  (konstruktives Misstrauensvotum Artikel 67; GG)

              8. Auch für die früheren Machtwechsel müssen die substanziellen und formalen Voraussetzungen eindeutig und klar sowie einfach
                  und überschaubar sein.
                  Diese Voraussetzung ist erfüllt.
                  (konstruktives Misstrauensvotum Artikel 67; GG)


         Ergebnisse (bezogen auf die Fragestellung dieser Ausarbeitung):
           Die 4. Funktion wird wohl zu 100 % erfüllt.

 

3. Abschließende Bewertung (10)

3.1 Die allgemeine Bewertung (3)

      1. Unsere Demokratie ist sehr weit von der Idealform einer Demokratie entfernt und auch weit entfernt von
          der bestmöglichen Form einer Demokratie.

      2. Ein großes Potential an Gestaltungsmacht ist an supernationale Institutionen, die nicht oder nur sekundär
          demokratisch legitimiert sind, übertragen worden. Die Übertragung ist kaum rückgängig zu machen.

3.2 Die Ursachen in allgemeiner Bewertung (5)

      1. Die Parteien haben viel Energie darauf verwendet, viele Regelungen so zu gestalten, dass sie den Bürger,
          der die Quelle ihrer Macht ist, zu entmündigen.

      2. Die einzige Garant für die Verhinderung eines Missbrauches staatlicher Macht – die Teilung der drei
          staatlichen Gewalten – wurde gerade bei der entscheidenden wichtigsten staatlichen Macht der
          Legislative praktisch ausgehebelt.

 
     3. Die großen Parteien haben viel Energie darauf verwendet und sich noch größere Mühe gegeben, die in einer
          Demokratie wichtigsten und entscheidenden Personen, die Abgeordneten als Vertreter des Volkes zu
          reglementieren.

      4. Durch eine Vielzahl von Entscheidungen, Verfahrensvorgaben und Maßnahmen wurde die Macht der
          Parteien über die des Abgeordneten und über den höchsten Souverän das Volk gestellt:
      4.1 Das beginnt bereits mit dem Auswahlverfahren der Kandidaten für das Parlament durch die Funktionäre des
             Wahlkreises
      4.2 Dann erfolgt die so genannte Absicherung eines Kandidaten durch die Landesdelegierten der betreffenden Partei,
             sodass die meisten Abgeordneten bereits feststehen, bevor die Wahlzettel überhaupt gedruckt sind.
      4.3 Das Wahlgesetz lässt dies ausdrücklich zu und wurde praktisch in jeder Legislaturperiode mehrmals geändert bis es
             den Zielen der Parteien genehm war.
      4.4 Schließlich kann durch ein großes und vielfältiges Repertoire und Arsenal im Sinne von Zucker und Peitsche ein
             bestimmtes Abstimmungsverhalten, dass den jeweiligen Parteien genehm ist, nahezu garantiert werden.
             („Pannen“ gibt es kaum noch!)

      5. Von den vier Funktionen einer Demokratie nach Ralf Dahrendorf ist nur eine Funktion voll erfüllt - der
          gewaltfreie Machtwechsel.

      6. Wenn man die einzelnen vier Voraussetzungen als gleichgewichtig und gleichrangig ansieht, kann man
          folgende Betrachtung anstellen.
      6.1 Von den vier Funktionen einer Demokratie nach Ralf Dahrendorf ist nur eine Funktion voll erfüllt – der gewaltfreie
             Machtwechsel.
      6.2 Die andere drei Funktionen sind im Durchschnitt nur zu gut 20 % erfüllt.
                 Die Rechnung: 50 % + 10% + 10 % = 70 %
                 70 % geteilt durch 3 gleich 23, 3 % )
      6.3 Wenn man alle vier Funktionen zusammen betrachtet, ergibt sich eine durchschnittliche Erfüllungsquote von nur
             rund 40 %!

3.3 Der allgemeine Ausblick (2)

      1. Die schwerwiegenden Defizite sind nur abstellbar, wenn die derzeitigen Inhaber von Macht selbst auf einen
          Teil ihrer Macht, soweit sie demokratiefeindlich und verfassungswidrig ist, verzichten.

      2. Wenn alle Defizite, für die wir selbst die Verantwortung tragen, abgestellt werden würden, könnte
          Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern ein selbstbewusstes, blühendes und gerechtes Gemeinwesen
          werden.